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ZEIT LEO  Ausgabe 4/2020

Ludwig, der Lehrerschreck

Text: Christina Reitz | Illustration: Marlene Krause
ZEIT Leo 4/2020

In der Familie van Beethoven steht früh fest: Der kleine Ludwig soll Musiker werden. Nicht nur, weil er Talent hat. Oder weil schon sein Opa und sein Vater bei der Hofkapelle angestellt waren, dem Orchester der Stadt Bonn. Sondern vor allem, weil der Vater aus seinem Sohn Ludwig einen Kinderstar machen und mit ihm viel Geld verdienen will. Denn Geld ist knapp bei den Beethovens. Also übt Ludwig stundenlang Klavier, jeden Tag. Und er macht das gern. Er braucht nicht einmal Noten dazu – er denkt sich die Musik einfach in dem Moment aus, in dem er sie spielt: Er improvisiert. Ludwig van Beethoven ist schon als kleiner Junge besser als viele seiner Klavierlehrer, die ihm nur langweilige übungen auftragen. Mit sieben Jahren gibt er sein erstes Konzert. Bald bezahlen die Zuhörer sogar einiges, um ihm zu lauschen. Ihnen ist klar: Aus diesem Jungen wird was!

Beethoven möchte aber nicht nur Klavier spielen, sondern auch lernen, Musik selbst zu schreiben. Deshalb zieht er als junger Mann nach Wien. Er ist auf der Suche nach neuen Lehrern und wendet sich an den besten Komponisten seiner Zeit – Joseph Haydn. Von ihm lernt Beethoven die wichtigsten Regeln: Wie setzt man Töne so, dass ein Musikstück harmonisch klingt? Wie gestaltet man eine schöne Melodie? Welche Aufgaben haben die einzelnen Instrumente im Orchester?

ZEIT Leo 4/2020

Beethoven lernt schnell und bringt bald erste Werke auf die Bühne. Als Haydn sie hört, ist er gar nicht erfreut. Denn Beethoven hat mit Haydn gemacht, was er schon immer mit seinen Lehrern gemacht hat: Er hat ihn übertroffen. Zwar benutzt Beethoven zum Komponieren die Regeln, die Haydn ihm beigebracht hat, doch er macht etwas Neues damit: Er erweitert sie. Er will nämlich in der Musik seine Gefühle und Gedanken so stark ausdrücken, wie das noch niemand vor ihm getan hat. Und wenn ihm Haydns Regeln dabei im Weg stehen, erfindet er einfach eigene. 

ZEIT Leo 4/2020

Auf schöne Melodien legt Beethoven dabei nicht immer so viel Wert. Bei ihm spielt der Rhythmus eine viel größere Rolle als bei allen Komponisten vor ihm. Wenn man sich den Beginn seiner berühmten fünften 38 Sinfonie anhört, ist da zunächst gar keine Melodie, die man mitsingen könnte. Stattdessen gibt es nur vier laute Schläge: ta ta ta taaaa. Im letzten Teil dieser Sinfonie setzt Ludwig van Beethoven Instrumente ein, die vorher noch nie in einem Orchester mitgespielt haben: blecherne Posaunen und hohe, pfeifende Piccolo- Flöten. Er verlangt von den Musikern, sehr schnell und sehr laut und dann wieder sehr leise zu spielen. Alles in einem Stück.

ZEIT Leo 4/2020

So etwas Wildes haben die Leute in Wien noch nie zuvor erlebt! Sie sind jedes Mal schockiert, wenn sie Beethovens neueste Stücke hören. Als seine neunte und letzte Sinfonie zum ersten Mal aufgeführt wird, lachen sie an manchen Stellen. Dabei ist die Musik gar nicht witzig, sondern sehr, sehr ernst. Wahrscheinlich begreifen die Wiener das damals einfach noch nicht, es ist so ungewohnt. Aber auch wenn sie ihren Star nicht immer verstehen – sie bejubeln ihn. Beethoven wird immer berühmter, aber so richtig genießen kann er seinen Erfolg nicht. Denn mit den Jahren verliert er sein Gehör. Trotzdem schreibt er weiter Musik. Er versucht, die Schwingungen des Klaviers zu spüren: Wenn er spielt, steckt er sich ein Stöckchen in den Mund und hält das andere Ende ans Klavier. Er kann sich aber auch ganze Stücke einfach in seinem Kopf vorstellen. Viele Expertinnen und Experten glauben, dass die Taubheit Beethoven erst zu dem großen Künstler gemacht hat, den die Welt bis heute verehrt. Weil er so stark gelitten hat und alle Gefühle in die Musik gesteckt hat.

 

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