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Vom Kind gelernt

Über Sex reden

Der ZEIT-Redakteur Patrik Schwarz ist eher zurückhaltend, wenn es um das Thema Sex geht. Seine beiden Kinder locken ihn aus der Reserve.

Text: Patrik Schwarz
Patrik Schwarz
Patrik Schwarz ist Geschäftsführender Redakteur der ZEIT

Ich kann hier keinesfalls über Sex reden. Kind Eins, in seiner Pubertät schon etwas fortgeschritten, rollt dann mit den Augen und hält sich beide Ohren zu. Ich muss unweigerlich über Sex reden: Bei kaum einem Thema sperrt Kind Zwei, in die Pubertät noch nicht ganz eingetreten, seine Ohren weiter auf. Oder fragt gleich ganz direkt, mit keck gespielter Ahnungslosigkeit: Mama, warum habt ihr denn die Kondome im Schlafzimmer wieder weggeräumt? Wir, natürlich, würden von uns aus nie über Sex reden vor den Kindern.
Dachten wir. Wir sind schließlich die Eltern. Seit sich aber alle in unserer Familie irgendwie mit dem Thema befassen – jedenfalls verlässt keiner den Küchentisch, wenn die Rede darauf kommt –, sind wir uns gar nicht mehr so sicher, ob wir die Eltern sind. Biologisch gesehen natürlich schon. Aber uns ist nicht immer ganz klar, als wer wir eigentlich über das Eine sprechen.

ZEIT Leo 7/2018 Von Kindern lernen: Über Sex reden
Illustration: Laura Junger

Klar ist bloß, wer wir nicht sein wollen: Wir sind nicht die Freunde, mit denen man tuscheln kann über den Jungen, der neulich auf dem iPad eine garantiert nicht jugendfreie Verballhornung von "Harry Potter" geschaut hat. Wir wollen nicht die Lehrer sein, die über Sex reden müssen, weil der Lehrplan es vorsieht – und bei denen es dann auch so klingt. Am ehesten noch wollen wir die Werte eines verantwortungsbewussten, rücksichtsvollen, einfühlsamen, freudvollen  Geschlechterverhältnisses unter der Bettdecke  hochhalten – doch ehrlich gesagt: Ist Sex wirklich so? 

Was bedeutet ficken? Was ist eine  Nutte? Ist es peinlich, Sex zu haben? Drei Einträge sind das aus dem wohl besten, jedenfalls lässigsten und lustigsten Ratgeber, den man sich für diese Fragen wünschen kann: Klär mich auf – 101 echte Kinderfragen  rund um ein aufregendes Thema. Und so rüsten wir Eltern uns abends im Schein der Nachttischlampe für die tägliche Gefahr der überfallartigen Konfrontation mit dem Thema (Kind Zwei liebt das Überraschungsmoment): Kann man  beim Sex sterben? Man kann: an Herzinfarkt – kommt aber echt selten vor. Ist Sex witzig? Ja, wenn zum Beispiel einer pupsen muss. Ist Sex so wichtig? Tja ... das fragst du besser Mama. 

Keine Ahnung, was unsere Kinder mitnehmen aus den nächsten Zusammentreffen am Abendbrottisch. Wir Alten aber, so viel kann ich verraten, reden jetzt viel freier über diese Angelegenheit.

In jeder FAMILIENZEIT erzählen ZEIT-Redakteure, was sie von Kindern lernen.

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