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ZEIT LEO Ausgabe 1/2024

Hält die Löwin?

Die Firma Schleich testet Spielzeugfiguren: Sie sollen umweltfreundlicher werden.

Text: Sarah Schaschek / Fotos: Rafael Krötz

Die blaue Löwin wartet auf den Tesafilm-Test: Die kleine Spielzeugfigur aus Plastik steht im Labor, ihr Schwanz und ihre Pfoten schimmern weiß, der Rest ihres Körpers ist blau angemalt. »Ich bin richtig aufgeregt!«, sagt eine Frau im grünschwarzen Pullover. Sie nimmt die Löwin in die eine Hand, greift mit der anderen nach einem Klebestreifen und pappt ihn der Löwin auf den Rücken. »Hoffentlich hält die Farbe auf dem Material«, sagt sie. Dann zieht sie – zack! – den Streifen wieder ab. Und seufzt enttäuscht: Auf dem Rücken des Spielzeugs klafft ein großes Loch. 

Schwanzzieh-Test: Die Löwin wird auseinandergezogen. Wie lange dauert es, bis sie reißt?
Schwanzzieh-Test: Die Löwin wird auseinandergezogen. Wie lange dauert es, bis sie reißt?

Die blaue Farbe, die gerade noch dort war, klebt am Streifen. Wieder eine Löwin, die es nicht geschafft hat. Die Löwin ist eine von vielen Testfiguren der Spielzeugfirma Schleich. Die ist berühmt für ihre kleinen Löwinnen, Elefanten, Katzen und anderen Tiere, die besonders echt aussehen. 40 Millionen von ihnen verkauft die Firma jedes Jahr auf der ganzen Welt – vielleicht liegt auch in deinem Kinderzimmer so eine Figur. Bisher werden die Tiere vor allem aus dem Kunststoff PVC hergestellt. Der besteht aus Erdöl, einem Stoff, der nicht nachwächst. Außerdem verrottet er sehr langsam. Schleich-Tiere, die auf dem Müll landen, werden meist verbrannt, und dabei entstehen giftige Gase. Deshalb sucht die Firma, wie gerade viele andere Spielzeugfirmen, ein neues Rezept für ihr Plastik. Es soll recycelbar werden. Alte Figuren könnten dann gesammelt und zerkleinert werden, aus dem Material könnten neue Figuren entstehen. Daran forscht die Chemikerin Faezeh im grün-schwarzen Pullover mit ihren Kolleginnen im Labor.

Glänzende Geräte stehen herum. Daneben liegen Hunderte von Löwinnen. Die sind aus unterschiedlichem Plastik, erklärt die Chemikerin Faezeh: Dauernd werden neue Rezepturen getestet, so lange, bis die richtige Mischung gefunden ist. Das ist gar nicht so einfach. Bei den Tierfiguren soll man die Muskeln an den Beinen und die Härchen des Fells erkennen können. Dafür braucht die Firma ein Material, das sich sehr fein modellieren lässt. Außerdem sollen sich Kinder beim Spielen nicht daran verletzen. Und natürlich darf das Plastik nicht brechen. Einige der Löwinnen, die herumliegen, haben nur einen Arm oder zerbröselte Beine: Sie sind schon in der Form kaputtgegangen.

An einer silbernen Maschine spannt Faezeh eine Löwin in einen Schraubstock: Schwanz nach oben, Kopf nach unten. »Ich prüfe, wie stark man die Löwin am Schwanz ziehen könnte«, erklärt sie. Wenn Kinder später mit ihnen spielen, müssen die Tiere viel aushalten. Die Maschine surrt und zieht die Löwin auseinander. Ihr Schwanz dehnt sich wie Kaugummi. Nach acht Sekunden macht es »peng« – das dünne Plastik ist gerissen. »Das war schon ziemlich gut«, sagt die Chemikerin. »Aber noch besser wären zehn Sekunden gewesen.« Sie schreibt genau auf, wie das Material reagiert hat. So kann sie der Firma, die die Mischung hergestellt hat, hinterher sagen, dass der Stoff noch reißfester oder biegsamer sein sollte.
Im Nebenraum schwitzen Löwinnen in der »Klimakammer «, einem Schrank, in dem es feucht ist wie in einer Dampfsauna. Wie verändert sich das Plastik darin? Schließlich soll es sich nicht auflösen, wenn ein Kind später an dem Spielzeug kaut oder es tagelang in der Sonne liegen lässt. Solche Belastungen werden hier im Labor nachgeahmt.
Ein paar Meter weiter den Gang runter liegt das Farblabor. Hier werden angemalte Löwinnen getestet, denn die Firma sucht neben dem Plastik auch nach einer umweltfreundlichen Farbe für ihre Figuren. Eine Kollegin von Faezeh schraubt ein großes Glas zu. »Seifenlauge, drei Tage«, steht darauf, und eine blaue Löwin schwimmt darin. Die Kollegin schüttelt das Glas und lacht: »Schleich-Tiere sollen auch in der Badewanne überleben.«
»Wann es die ersten Tiere zu kaufen gibt, kann keiner sagen«, sagt Faezeh. »Aber wir sind schon richtig weit.« Ein bisschen Zeit haben sie noch: Bis Ende 2027 will die Firma Schleich alle ihre Tiere aus dem neuen Material herstellen. Die Klimakammer: Lösen sich die Löwinnen auf, wenn sie in der feuchten Luft stehen? Das machen andere Firmen: Die Firma Lego verwendet für einige Bausteine Plastik aus der Zuckerrohr-Pflanze. Die wächst nach und ist so besser für die Umwelt als Erdöl. Die Firma Playmobil verkauft recyceltes Material, etwa einen Bauernhof aus alten Kühlschränken.

 

Das machen andere Firmen: Die Firma Lego verwendet für einige Bausteine Plastik aus der Zuckerrohr-Pflanze. Die wächst nach und ist so besser für die Umwelt als Erdöl. Die Firma Playmobil verkauft recyceltes Material, etwa einen Bauernhof aus alten Kühlschränken.

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